Stadt schiebt Projekte der Heimatpflege an
AHLEN / TÖNNISHÄUSCHEN. Die 200 Jahre Postgeschichte,welche in Tönnishäuschen
geschrieben worden sind, haben selbst im fernen Regensburg aufhorchen lassen. Fürstin Gloria von Thurn und Taxis höchstpersönlich trägt die Schirmherrschaft über den Förderverein für das
„Kulturgut Samson“, das in früheren Zeiten eine Poststation an der Kreuzung wichtiger Wegstrecken von Ost nach West und Nord nach Süd beherbergte.
Eingefädelt hatte der Verein diesen Coup im Sommer.
„Jetzt warten wir darauf, unsere Schirmherrin in nicht allzu ferner Zukunft hier begrüßen zu dürfen“,
sagt Vorsitzender Wilhelm Wienker.
Die historische Verbindung will schließlich gepflegt werden, auch wenn zwischen dem fürstlichen Schloss St. Emmeram und dem früheren Landgasthof in Ahlens nördlichem Ortsteil mehr als 600 Kilometer Entfernung liegen. Neues Leben ist also eingekehrt in die alte Poststationund ehemalige Pferdewechselstelle. Anlass für Bürgermeister Dr. Alexander Berger,
in das heutige Kulturgut zur alljährlichen Besprechung mit den Akteuren aus dem Ahlener Heimatwesen an die westfälische Kaffeetafel einzuladen.
„Wir sehen hier ein gelungenes Beispiel für bürgerschaftlichen Sinn“,
lobte Berger
das Engagement der 130 Vereinsmitglieder, die sich für das mehr als 6000 Quadratmeter große Gelände mit Spenden und Arbeitskraft einbringen. Mindestens so viele Nutzungsideen wie Vereinsmitglieder habe der Förderverein, meint Schriftführer Christian Wolff. „Von Ausstellungen über Konzerte bis hin zu Künstlerwerkstätten kann hier alles stattfinden.“ Selbst gastronomische Angebote, etwa für Hochzeiten, seien denkbar. Zentral gelegen an den heute noch wichtigsten Verkehrsachsen im Kreis Warendorf soll „Samson“ ein im weitesten Sinne öffentlicher Treffpunkt werden. Auch Nicht-Mitglieder dürften sich gerne mit Spenden an der Wiederbelebung des Anwesens beteiligen.
Für Kreisarchivar Dr. Knut Langewand, der als Gast den Heimatpflegern über die Aufgaben und Serviceleistungen des größten Kommunalarchivs in Nordrhein-Westfalen berichtete, war es die erste unmittelbare Begegnung mit dem Hause Samson, obwohl er täglich auf dem Weg
von Ahlen zu seiner Dienststelle im Kreishaus daran vorbeikommt.
„Einer der Orte in Ahlen, an dem Geschichte lebendig wird“, zollte er dem
vielfältig aufgestellten Heimatwesen der Wersestadt seine Anerkennung. Das heute
noch Identitätsstiftende aus vergangenen Epochen zu bewahren und zu betonen, sei
das Verdienst der Heimatund Geschichtsvereine. „Davon profitieren wir als Kreisarchiv und Stadtarchiv für Ahlen.“ Dass „Heimat“ heute wieder Konjunktur erlebt, empfindet auch Alfred Thiemann.
„Das klingt heute nicht mehr so verstaubt“, meint der Vorsitzende des Ahlener Heimatvereins, der im kommenden Jahr seinen 100. Gründungstag begeht. Um die Erinnerung an den Bergbau zu bewahren, zeigt der „Jupp-Fotoclub“ regelmäßig Ausstellungen in seinen Räumen am
Glückaufplatz. 20 000 Fotos hat er in seinem Archiv, derzeit läuft die Ausstellung „100
Jahre Leben und Arbeiten in der Zechenkolonie“. Für 2019 kündigt Vorsitzender Marc
Senne aus Anlass des 30. Jahrestages ihrer Stilllegung eine Schau über die Kokerei der
Zeche Westfalen an. Aktuelles Projekt ist der erstmals aufgelegte Kalender. „Die Erstauflage ist schon weg, wir drucken aber schon nach“, freut sich Senne über die Beachtung.
Eng verbunden mit Ahlens Montangeschichte ist auch der Förderverein Fördertürme. Über die laufende Teilsanierung des Blauen Wasserturms erzählte Vorstandsmitglied Horst Schulte. Der Förderverein ist einer von vier Vereinen, welche die Erinnerung an die Zechenvergangenheit bewahren. Zu einem erheblichen Teil unterstützt er aus eigenen Mitteln die Arbeiten an dem als technisches Denkmal eingetragenen Wahrzeichen im Ahlener Südosten. Unglücklich darüber, dass der Denkmalschutz fälschlich immer wieder als „Kampfmittel“ betrachtet werde, ist Ahlens ehrenamtlicher Denkmalpfleger Bernd Schulze Beerhorst. Unentwegt setze er sich dafür ein,
„Verständnis für den Denkmalschutz zu wecken und Hemmnisse aus dem Weg zu
räumen“. Noch immer „der Renner“ sei der Heimatband „Der beflügelte Aal“, freut sich Udo
Wagener, Vize-Vorsitzender des Heimatförderkreises.
Das jährlich im Anno-Verlag erscheinende Heft mit „Geschichte und Geschichten aus
Ahlen“ werde dem Verein förmlich aus den Händen gerissen – wie aktuell die 37.
Ausgabe. Schriftleiterin Mechthild Massin ermunterte, die Ausgabe fürs nächste
Jahr mit Berichten über eigene Projekte zu bereichern.