Kult-Wirtin belebt Traditionsgasthaus

Zu Besuch im „Kulturgut Samson“

Das Öl blubbert in der Fritteuse und wartet schon auf die ersten tiefgefrorenen Pommes. Direkt daneben köchelt die Curry-Spezialsauce vor sich hin. Und eine Pfanne weiter dreht Gaby Klumpp gerade eine Bratwurst um. „Montags ist es immer ziemlich stressig. Da ist die Hütte voll“, sagt die Kult-Wirtin, die noch bis Anfang Oktober 2022 die „Zisterne“ am Ahlener Marktplatz betrieben hat.

Inzwischen steht die 69-Jährige aber woanders hinter dem Tresen und woanders in der Küche: im „Kulturgut Samson“ in Tönnishäuschen. Und dort warten an diesem Montag ab 18 Uhr reihenweise Gäste auf Getränke oder ein leckeres Essen. Doch bis dahin sind es noch etwa 60 Minuten Zeit. Zeit, die die Ahlenerin gut gebrauchen kann.

Sie hobelt die Gurken in Scheiben, schneidet Petersilie klein und präpariert die Tomaten. Im nächsten Augenblick steht Gaby Klumpp bereits wieder auf der anderen Küchenseite – und rührt ein Dressing für den Salat an. Mit über 30 Jahren Gastronomie-Erfahrung weiß sie, worauf es wann ankommt.

Dass sie damals überhaupt in diesem Bereich gelandet ist, war dem Zufall geschuldet, wie sie nebenbei erzählt. „Bei meiner Stammwirtin im ,Posthorn‘ ist die langjährige Bedienung ausgefallen und sie hat gefragt, ob ich nicht wen kennen würde, der aushelfen könnte“, erinnert sie sich. Sie überlegte nicht lange, dachte daran, dass sie mit der Örtlichkeit bestens vertraut war und die Gäste kannte. „Eine Nacht habe ich darüber geschlafen. Danach stand meine Entscheidung fest“, sagt die Ahlenerin – ein Start für mehr als drei Jahrzehnte in der Gastro-Branche mit unterschiedlichen Stationen.

Zum Beispiel arbeitete Klumpp im „Kettelerhaus“ als Kellnerin. „Da habe ich aber auch schon vieles aus der Küche mitbekommen“, sagt sie und nennt etwa Tellerdekoration oder Speisekartenerstellung als gelernte Kniffe. An der Walstedder Straße machte sie sich schließlich mit dem „Walstedder Stübchen“ selbstständig. Später eröffnete sie die „Marktschänke“ (heute „Meat and Greet“) am Marktplatz, bevor der Umzug auf die andere Seite der „guten Stube“ zur „Zisterne“ folgte. Dort blieb die Ahlenerin ganze 18 Jahre – bis zum Abschied vor eineinhalb Jahren.

In dieser Zeit hat Klumpp viel erlebt. „Corona und Rauchergesetz haben ordentlich Kundschaft gekostet“, bemerkt sie. Schlechtwetterphasen in den Sommern hätten die Biergartenbilanz verhagelt. Und doch: Der Umgang mit den Gästen habe sie jung gehalten. Auch wenn es nicht immer spaßig gewesen sei – vor allem mit Volltrunkenen, die randaliert hätten. „Mit Personen, die sich nicht benehmen konnten, bin ich immer streng umgegangen“, sagt die Kult-Wirtin. „Dafür war ich bekannt.“

Auf der anderen Seite habe sie den Kontakt mit den Gästen immer sehr geschätzt. Das sei bis heute so. „Die Menschen, die unterschiedlichen Charaktere, die Unterhaltung: Ich liebe es, Gäste zu bewirten“, erzählt Gaby Klumpp und schiebt hinterher: „Es macht einfach Spaß, wenn man sieht, dass die Leute zufrieden und glücklich sind.“

Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr in all den Jahren dabei vor allem ihr letzter Tag in der „Zisterne“ am 3. Oktober 2022. „Ich war überwältigt, wie viele Menschen vorbeigekommen sind und sich verabschiedet haben. Das war ein grandioser Abschied“, schaut sie zurück.

Und doch war dann nicht endgültig Schluss. „Ich genieße die Zeit mit meinem Mann, den Kindern und den Enkeln“, bemerkt die Kult-Wirtin. Doch die Unterhaltung fehlte ihr. Als sie dann zum ersten Mal im „Kulturgut Samson“ zu Gast war, habe es sofort „Klick“ gemacht.

„Ich wollte den Förderverein unterstützen und habe meine ehrenamtliche Hilfe angeboten“, berichtet Gaby Klumpp. Und die wurde dankend angenommen – erst an der Theke, inzwischen eher in der Küche, die sie mittlerweile hauptverantwortlich neu aufbaut, sowie bei der Terminvergabe und der Planung von Veranstaltungen.

Stichwort Küche: Dort kümmert sich die 69-Jährige gerade um die Currysauce. Diese muss püriert und abgeschmeckt werden. Danach verpasst sie den kleingeschnittenen Karotten noch etwas Säure. Im Hintergrund brät schon der Leberkäse im Ofen.

„Jetzt können die Gäste kommen“, sagt die Ahlenerin.

Und das tun sie auch. Vorne kümmern sich andere Ehrenamtler an diesem Abend um den Thekenbetrieb. „Der Zusammenhalt im Verein ist wirklich toll. Und wir freuen uns über jeden Helfer, jedes neue Mitglied und natürlich jedes verkaufte Essen“, schwärmt Klumpp von der Gemeinschaft. „Hier geht es nicht um Gewinn, sondern um einen Treffpunkt mit ganz viel Geschichte, der ansonsten dem Verfall preisgegeben worden wäre.“ Das eingenommene Geld werde sofort wieder in neue Utensilien reinvestiert oder in die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes gesteckt, das zusätzlich kulturelle und museale Bereiche erhält. „Nur so kann solch ein Großprojekt gelingen.“

Inzwischen ist die erste Bestellung eingetroffen: Sommerschnitte mit Beilagensalat. Gaby Klumpp macht sich an die Zubereitung. Währenddessen kommen die nächsten Wünsche der Gäste rein – Pommes und Currywurst, Pfefferschnitzel und Paprikarahmschnitzel. „Jetzt geht’s richtig los“, sagt die Kult-Wirtin und beginnt zu rotieren .