historie

Die Lage des Ennigerschen Gasthauses

Wenden wir uns zunächst dem Ennigerschen Gasthaus zu. Dieses gab es also schon vor 1545 und war das ältere. Es lag vor dem „Tönnishäuschen“, also vor der ehemaligen Antoniuskapelle, die sich direkt an der alten Straßenkreuzung befand. Nach Aussage der zitierten Urkunde von 1545 grenzte das von Torck erworbene Grundstück direkt an das von der Kirche zu Enniger:

„Drey stucke lands…, als de bolegen synt vor dem Thonieshuseken uppe Lolings kampe…, vornote (Grenznachbar) up de eyne der kercken landt tho Enniger unnd Lolinck an de anderen sydenn.“

Wenn man bedenkt, daß Torck 1684 das angrenzende Ennigersche Gasthaus mit Grund und Boden gekauft hat, dann muß man daraus folgern, daß das ehemalige Ennigersche Gasthaus sich auf einem Teil des Grundstücks des späteren Gasthauses alte Schänke Samson befunden hat und nicht im späteren Gasthaus Pieper auf der anderen Straßenseite.[7]

Wirt Eickenbrock

Es war im Jahr 1543 oder 1544, da verfolgten Ahlener Reiter irgendwelche Feinde und vertrieben sie in nördliche Richtung. Nach der erfolgreichen Aktion stärkten sie sich im Wirtshaus „thom Tonieshuseken“. Die Kosten wurden von der Stadtkasse übernommen. So finden wir in den Rechnungen der Stadt Ahlen den ältesten Hinweis auf das Ennigersche Wirtshaus am Tönnishäuschen.
Als erster Wirt findet sich Henrich Eickenbrock. In den Schatzungslisten von 1538 bis 1583 steht er durchgehend unter den Köttern, ohne die Bezeichnung „Wirt“, aber meistens mit höheren Abgaben, was auf einen Wirt hindeuten könnte. Eickenbrock sei nach Zeugenaussagen damals eine gut gehende Brauerei und Schänke gewesen. Von der Beeinträchtigung durch Torck war schon die Rede. Dazu noch eine Aussage des Gerhardus Eickenbrock, eines Sohnes des vorgenannten Eickenbrock, im Prozeß von 1608:

Er sei etwa 70 Jahre alt, freien Standes und Ahlener Bürger. Vom Kindesalter an habe er so an die 10 Jahre im Kirchspiel Vorhelm bei seinem Vater gewohnt, der dort am Tönnishäuschen eine Schank- und Gastwirtschaft betrieben und in seinem Haus auch Bier gebraut habe. Diderich Torck habe damals nahe dem Gasthaus seines Vaters ein Wirtshaus errichtet, zur Schmach und zum Schaden des väterlichen Betriebes. Damit habe der genannte Torck die Brau- und Schankrechte seines Vaters ruinieren wollen. Eines Tages habe Torck den Vater Eickenbrock sogar mit einem Spieß bedroht und ihn zwingen wollen, nur sein Bier auszuschenken. Eickenbrocks Frau, die dabei war, habe dann auf Torck eingeredet, daß er sich doch bitte mäßigen sollte. Torck habe dann von seiner Drohung abgelassen und Eickenbrock habe weiter gebraut und gezapft.
Ein anderer Zeuge sagte auch, daß Torck dem Eickenbrock Ländereien oder Geld angeboten habe, wenn er bereit sei, Torcks Bier zu verkaufen. „Torckbräu“ gegen „Ennigerbräu“, das war also ein harter Kampf am Tönnishäuschen!

 

Wirt Melchior Torck

1584 bis 1589 ist Melchior Torck als Wirt nachweisbar. Dieser stammte offensichtlich vom nahen Hof Isendorf, auf dem 1547-87 ein Johan Torck Bastard und 1588-89 ein Pawel Torck Bastard bezeugt ist. Wahrscheinlich war Melchior ein Sohn des Johan und ein Bruder des Pawel. Natürlich fragt man sich, wieso ausgerechnet ein Abkömmling von Torck Wirt bei dessen Konkurrenz wird. War es Taktik, oder war das Verhältnis zu den Bastarden nicht so berauschend?
Von Melchior wird später gesagt, daß er zeitlebens Pächter des Ennigerschen Wirtshauses gewesen sei und daß er es auf seine Kosten neu aufgebaut habe. Auch daraus darf man wohl schließen, daß das Ennigersche Gasthaus schon deutlich vor dem Torckschen Gasthaus existiert haben muß, also längst vor dem Jahr 1545. Die Pacht betrug jährlich 2 Taler an das Kirchspiel Enniger und 1 Taler an das Kloster Maria Rosa zu Ahlen. In den Schatzungslisten steht Melchior Torck unter den Köttern. Er hatte einen Knecht und eine Magd. Zur Schatzung zahlte er deutlich mehr als andere Kötter und zusätzlich das Doppelte für seinen Braukessel. Nach den Wolbecker Amtsrechnungen braute und zapfte er 1586 83 Tonnen Bier, fast dreimal so viel wie damals der Wirt Schenking im Dorf. Melchior Torck war in der Tat eine starke Konkurrenz für  Haus Vorhelm. Ein Jahr später braute er 90 Tonnen, 1589 60 Tonnen, 1592 nur noch 37 Tonnen, bedingt durch die Raubzüge der Spanier.
[7] Auch dies ist eine neue Erkenntnis gegenüber dem Buch über Tönnishäuschen S. 99. Die Bezeichnung „vor dem Tönnishäuschen“ ist meines Erachtens zu verstehen als „gegenüber“ der Kapelle, auf der anderen Straßenseite.