Tönnishäuschen / Regensburg – Wenn vom Zeitalter der Postkutschen und Briefkuriere die Rede ist, fällt zwangsläufig der Name Thurn und Taxis. Mit ihm baut nun auch der Förderverein „Kulturgut Samson“ eine engere Verbindung auf, schließlich ist das Gebäudeensemble im Zentrum von Tönnishäuschen lange Zeit als Poststation mit Pferdewechselstelle des Landgestüts Warendorf ein Begriff in der Region gewesen.
Gloria von Thurn und Taxis erklärte sich am Wochenende bereit, die Schirmherrschaft für das Projekt zur Rettung und Wiederbelebung des alten Landgasthofes zu übernehmen. Die Bedeutung dieser Zusage liegt in der „Sichtbarmachung“ von Tradition und Werteverständnis. „Ich mache das sehr gerne“, sagte die Fürstin. „Das ist ein ganz tolles Projekt, weil es Geschichte und Zukunft verbindet.“ Gerade in den kleinen Dörfern und Bauerschaften im Münsterland seien soziale Strukturen, Glaube und Traditionen auch im modernen Umfeld noch von Bedeutung und Einfluss.
So ergab sich für eine Abordnung des „Kulturgut“-Vorstands, die zu Besuch der Schlossfestspiele auf St. Emmeram nach Regensburg gereist war, unverhofft die Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch mit Gloria von Thurn und Taxis. Ausführlich stellten der Vorsitzende Wilhelm Wienker und Schriftführer Christian Wolff gemeinsam mit den Unterstützern Petra Wienker und Heidi Schulze Bröring die Pläne für das Objekt vor, das ohne die Initiative der Heimatfreunde dem weiteren Verfall geweiht wäre.
„Wir haben bei unserer Jahreshauptversammlung vor vier Wochen den Auftrag bekommen, eine Schirmherrschaft zu vergeben“, berichtete Wienker gegenüber der prominenten Vertreterin des deutschen Adels. „Da haben wir sofort an Sie gedacht.“ Dass die Fürstin aber tatsächlich zu einem Gespräch bereit sein und letztlich die Zusage zur Schirmherrschaft geben würde, kam für die Delegation überraschend. „Wir sind sehr erfreut und dankbar“, bekannte Wienker.
Im Verlauf des 16. Jahrhunderts wurde die Taxis-Dynastie mit der Beförderung der kaiserlichen Kurierpost im Heiligen Römischen Reich, in den Burgundischen Niederlanden, später Spanischen Niederlanden, Spanien und Burgund betraut. 1595 wurde Leonhard I. von Taxis Generalpostmeister des Reichs. Seit dem Jahr 1615 wurde das Amt erblich. Im Jahre 1650 durfte sich das Haus Taxis mit kaiserlicher Genehmigung in Thurn und Taxis umbenennen. In der Folge konnte sich die Kaiserliche Reichspost im Konkurrenzkampf gegen die Landespostanstalten behaupten.
Auch die erste Ahlener Post betrieb Thurn und Taxis – vermutlich im heutigen „Lindenhof“ an der Weststraße. Bereits vor 1840 wurde im Tönnishäuschener Gasthaus Samson eine „Briefsammlung“ eingerichtet, betreut von der ansässigen Wirtsfamilie. Diese Poststelle galt für ganz Vorhelm. Von da an gab es täglich eine fahrende Post mit einspännigem Pferdefuhrwerk zwischen Warendorf, Hoetmar, Tönnishäuschen, Ahlen und Hamm. Ein sechssitziger Postwagen befuhr dabei regelmäßig die Strecke Drensteinfurt-Sendenhorst-Tönnishäuschen.
Von der „Königlich Preußischen Post“ wurde Samson beauftragt, in Vorhelm und Enniger die Briefe zuzustellen, bis er 1848 durch einen Landboten abgelöst wurde. Lange Zeit befand sich die Poststelle zusammen mit der Privatwohnung Samsons in einem Anbau, bis dieser 1966 zum Speise- und Festsaal umgebaut wurde. Die Post zog in einen kleineren Raum um, bis sie am 30. September 1971 geschlossen wurde. Neben der Poststation wurde von Familie Samson seit 1833 auch eine Deckstation des Landgestüts für Pferde im rechten Flügel der Anlage betrieben. Es ging vor allem um die Züchtung von Pferden für den militärischen Dienst. 1833 wurden 63 Hengste („Beschäler“) aufgeführt, 1841 schon 82, 1949 sogar 376.
„Ich bin leider sehr selten in Westfalen“, gab Gloria von Thurn und Taxis beim Gespräch mit dem „Kulturgut“-Vorsitzenden zu. „Deswegen würde ich mich sehr freuen, wenn Sie mich einmal einladen.“ Das sagte Wilhelm Wienker direkt zu.
Zunächst wird die Schirmherrschaft mit einer entsprechenden Urkunde besiegelt. Der nächste Schritt für den Förderverein ist der Erwerb, wozu die Eigentümerfamilie von Schall-Riaucour (Haus Vorhelm) bereits vor der Gründung des Fördervereins Entgegenkommen signalisiert hat. Die Akquise von Spenden- und Fördermitteln steht daher aktuell an vorderster Stelle für die rund 120 „Samson“-Mitglieder.
»Ich bin leider sehr selten in Westfalen und würde mich sehr freuen, wenn Sie mich einmal einladen.«
Gloria von Thurn und Taxis
Gloria von Thurn und Taxis ist die jüngste Tochter von Joachim Graf von Schönburg-Glauchau (1929-1998) und Beatrix Gräfin Széchenyi von Sárvár und Felsvidék (geb. 1930). Sie hat vier Geschwister; ihr jüngster Bruder ist der Journalist Alexander Graf von Schönburg-Glauchau. Auch ihr Vater war Journalist und arbeitete als Auslandskorrespondent für einen Rundfunksender. Als er das Angebot erhielt, nach Afrika zu gehen, nahm er seine Frau und seine beiden Töchter mit. So wuchs Gloria erst in Togo und später in Somalia auf. 1970 kehrte die Familie nach Deutschland zurück. Gloria lernte zunächst am Konrad-Adenauer-Gymnasium in Meckenheim, anschließend war sie Schülerin im Mädcheninternat Kloster Wald. 1979 begegnete sie erstmals Johannes von Thurn und Taxis (1926-1990), dem späteren elften Oberhaupt des Hauses Thurn und Taxis. Die beiden heirateten am 31. Mai 1980 in Regensburg. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. |