„Kulturgut“-Vorstand bleibt kommissarisch im Amt
-Ralf Steinhorst- Tönnishäuschen – Eines eint die gräfliche Familie Schall-Riaucour und den Förderverein „Kulturgut Samson“: Beide betonen ihre Verbundenheit mit dem seit mehr als einem Jahrzehnt leerstehenden Landgasthof. Doch über den Weg, diesen zu retten und die damit verbundenen finanziellen Umstände herrschen ganz unterschiedliche Auffassungen.
Nachdem der „Kulturgut“-Vorsitzende Willi Wienker im sachlichen Vortrag das bisher Geleistete und die Etappen der Verhandlungen skizziert hatte, zeigte sich in der Diskussion um die vier vorliegenden Optionen deutlich die Diskrepanz zwischen der Eigentümerfamilie und dem Förderverein.
„Es geht hier um die Zukunft des Vereins und des Kulturguts“, fasste Hans-Dieter Samson die aktuelle Situation zusammen. Das war der Augenblick, wo sich die gräfliche Familie, zunächst Wilderich Graf Schall-Riaucour, zu Wort meldete: „Uns ist das Schicksal von Samson nicht gleichgültig.“ Der Graf, begleitet von seiner Frau Christina und Sohn Philipp, verdeutlichte aber auch: „Wir können keine Substanz für nichts abgeben.“ Er erkannte zwar an, der Verein habe sich große Mühe gegeben, das Problem sei aber, er sei finanziell zu kurz aufgestellt. Philipp Graf Schall-Riaucour hob die verschiedenen angebotenen Modelle der Übernahme hervor, wie Pacht, Erbpacht oder Erwerb von Teilflächen, die Haus Vorhelm vorgelegt habe. „Wir sind für 2020 und 2021 für Gespräche offen – die Tür ist nicht zugeschlagen“, betonte er.
Ein Abweichen der von Haus Vorhelm herausgegebenen Ziellinie von 600 000 Euro als Komplettkaufpreis war nicht erkennbar, worauf Kassierer Ralf Budt jede Zurückhaltung aufgab und mit erhobener Stimme die Anfangsgeschichte rezitierte: „Uns wurde vor der Vereinsgründung gesagt: ,Sammelt 100 000 Euro plus x. Da geht man nicht davon aus, dass ,x am Ende 500 000 Euro obendrauf sind. Wir fühlen uns verschaukelt!“ Hätte man das gewusst, hätte man den Verein gar nicht erst gegründet.
Wilderich Graf Schall-Riaucour konterte daraufhin, dass er sich vom Verein ebenfalls „hinters Licht geführt“ fühle. Man habe immer gesagt, ab 100 000 Euro fange man erst an zu reden. Worauf Ralf Budt die Frage nachschob: „Wenn der gräflichen Familie das Objekt so am Herzen liegt, wieso hat sie dort über Jahrzehnte nicht investiert?“ Der Denkmalschutz müsse außerdem berücksichtigt werden, der Verein sei im Handeln nicht frei. Worauf der Graf darauf hinwies, der Denkmalschutz sei ihm dank einer Initiative von Vorhelmer Bürgern aufgezwungen worden.
Weiteren Fragen wollte sich die gräfliche Familie dann nicht mehr stellen und gab an, sich zur freien Diskussionsentfaltung verabschieden zu wollen. Erhard Richard nutzte die letzte Gelegenheit, um einen Appell für eine von beiden Seiten akzeptierte und tragbare Lösung zu formulieren. Er forderte dabei auch Respekt für das bürgerschaftliche Engagement ein und kritisierte, dass diese Versammlung nicht im Landgasthof stattfinden könne, weil vom Verein der Schlüssel zurückgefordert wurde: „Man sollte zu vernünftigen Betrachtungen kommen. Gehen Sie auf den Förderverein zu!“
Nach dem Abgang der gräflichen Familie wies der stellvertretende Vorsitzende Ludwig Brinkkötter darauf hin, dass der Verein sehr lange auf einen Komplettkauf bestehen musste, weil Fördermittel für Gebäude nur bei Erwerb greifen. Eine Teilfläche auszuklammern, sei daher erst im zweiten Schritt ins Auge gefasst worden.
Der Ortsausschussvorsitzende Hubertus Beier versuchte, die erhitzten Gemüter zu kühlen: „Wenn ausgestiegen wird, müssen wir mit einem Leerstand leben, den niemand will.“ Es gebe keine bessere Alternative als den Verein.
Im Laufe der Diskussion wurde vom Vorstand beschrieben, wie mehrere Gesprächsangebote zwischen beiden Parteien hinfällig wurden. Einige im Saal vermuteten indirekt eine Hinhaltetaktik. „Das Ganze hier ist doch nur noch ein einziges Possenspiel – lasst uns dieses Spiel beenden“, zeigte sich Joachim Rölfing erzürnt. Es habe zumindest mündlich ein tragbares Gesprächsergebnis mit Haus Vorhelm gegeben, hieß es letztlich vom Vorstand. Doch dieses sei zuletzt mit anderen Modalitäten verknüpft worden, was den Unmut der Versammlung erneut bestärkte.
„Man kann sich nicht zum Hampelmann machen lassen“, befand Karin Bernhardine Samson. „Oder will man sich nur des Denkmalschutzes entledigen?“, kommentierte ein anderes Mitglied die Möglichkeit, allein den Kerngebäudeteil zu kaufen. Andreas Stapel dagegen befand, der Biergarten sollte zumindest im Kaufpaket enthalten sein, beides gehöre untrennbar zusammen. Es müsse ein zeitnahes Ergebnis her, mahnte Josef Remmert, sonst gehe die Motivation verloren.
Am Ende beschloss die Versammlung mit je einer Enthaltung, mit der gräflichen Familie im Gespräch zu bleiben und das Kaufangebot für das Gesamtobjekt mit 233 000 Euro inklusive Streuobstwiese und 218 000 Euro ohne Streuobstwiese deutlich als Grenzen zu kommunizieren. Ein Grundstückstausch bleibt ebenso weiter als Möglichkeit im Raum.
Eine außerordentliche Mitgliederversammlung Mitte März 2020 soll darüber entscheiden, ob die Gesprächsergebnisse, die dann natürlich verschriftlicht werden müssten, ausreichend sind. Sei das nicht der Fall, steht der Verein vor der Auflösung.
Ein neuer Vorstand wurde nicht gewählt, allerdings erhielt der alte das Mandat, bis zur nächsten Versammlung geschäftsführend im Amt zu bleiben.